Deutschlands nächster Jockey-Auswanderer

The same procedure as every year. Dieser in Freddie Frintons vor allem in Deutschland ungemein populären Sketch, fester Bestandteil des Silvester-Programmes auf den hiesigen TV-Kanälen, so oft gesprochene Satz hat inzwischen auch Gültigkeit im deutschen Rennsport. Denn jedes Jahr verlassen zur kalten Winterzeit Jockeys die heimischen Gefilde. Reiten da, wo es wärmer ist und vor allem mehr Geld zu verdienen gibt.

Nach Peter Braem, der über die Station Neuseeland nun schon Monate in Singapur tätig ist, Torsten Mundry, der sich zum Volltreffer in Hong Kong entwickelt hat und dem gleichfalls schon mehrfach siegreichen Alessandro Schikora auf Macau hat in der Vorwoche Arnaud Bouleau Deutschland in Richtung Katar und später Mauritius verlassen.

Neuestes Glied in der Kette der ´Auswanderer´, zumindest für mehrere Monate, ist Andreas Helfenbein, der seinem Kollegen Alessandro Schikora nach Macau folgt.

Am Samstag steht der Abflug nach Asien an. Die Reise geht zunächst nach Hong Kong, wo er für zwei bis drei Tage bei Torsten Mundry unterkommt, sich erst einmal in der für ihn völlig fremden Umgebung zurechtfinden will. Danach reist er weiter nach Macau, wo er vorläufig erst einmal bei Alessandro Schikora Quartier bezieht.

Wird dessen Lizenz, die noch bis Ende des Jahres Gültigkeit hat, nicht verlängert, wird er ‚Schikos‘ Wohnung übernehmen, anderenfalls sich selbst um eine Bleibe kümmern. „Wie man mir erzählt hat, soll das kein allzu großes Problem sein. Man legt eine Summe Geldes auf den Tisch und erhält eine Wohnung. Nicht wie in Deutschland, wo man so viele Papiere beibringen muss“, macht sich der 36-jährige keine sonderlichen Probleme um seinen Aufenthaltsort.

Er glaubt, dass das genauso glatt abläuft wie die Übergabe seiner Wohnung in der Kölner Friedrich-Karl-Straße, die er komplett mit Einrichtung an einen Bekannten aus der Rennsport-Szene abgegeben hat. „Da habe ich schon Glück gehabt, werde das auch in Macau haben“, meint er lapidar und zieht einen Schlussstrich unter das Kapitel Köln.

Die Bindungen zur Domstadt werden sich in Zukunft auf die Starts in Weidenpesch beschränken, denn nach der Rückkehr aus Macau wird er sich im Westfälischen niederlassen. Muss er auch zwangsläufig, denn als erster Mann am Stall von Trainer Peter Rau und damit als Nachfolger von dessen langjährigem Stalljockey Torsten Mundry wartet eine sowohl attraktive als auch verantwortungsvolle Aufgabe auf ihn.

Torsten Mundry war es auch, der die Akte Macau aufschlug, als er seine Beziehungen zum dortigen Jockey Club spielen ließ und einen nicht unerheblichgen Beitrag für Erlangung der Lizenz lieferte. Begonnen hatte die Geschichte auf einer Kiste in der Jockeystube, als Andreas Suborics Andreas Helfenbein fragte, was er so über die Wintermonate mache.

„Ich weiß noch nichts Genaues, habe auch ein Engagement in Südafrika in Aussicht, bin wohl wieder in St. Moritz, habe ich geantwortet. In dem Moment kam Torsten Mundry vorbei, worauf ´Subi` ihn fragte, ob er nichts für mich in Macau hätte“, erinnert er sich. Danach ging alles sehr schnell. Der dortige Jockey Club Macau schickte die Unterlagen zu, die von Helfenbein umgehend ausgefüllt wurden, so dass er schon zwei Wochen später im Besitz einer Lizenz war.

Ein weiterer Grund zur Freude neben dem Angebot vom Rau-Stall. Genau passend, um wieder positiv in die Zukunft zu blicken, denn zuvor hatte es bekanntlich die Trennung von seinem langjährigen Mentor Horst Steinmetz gegeben. „Das hat schon weh getan, denn wir hatten so viele erfolgreiche und erfreuliche Tage. Doch zum Schluss hat es einfach nicht mehr so richtig gepasst. Dennoch können wir uns in die Augen schauen. Ich habe mich auch über seine großen Erfolge in den vergangenen Wochen mitgefreut“, meint Andreas Helfenbein, der diese Phase sowohl negativ als auch positiv sieht.

„Auf der einen Seite tut eine Trennung nach so langer gemeinsamer Zeit weh, andererseits hat sie mir die Chancen bei den Trainern Peter Rau und Uwe Ostmann eröffnet. Vor allem mit den Pferden von Uwe Ostmann lief es dann unwahrscheinlich gut. Höhepunkt war natürlich der Sieg auf Glad Lion im Preis des Winterfavoriten. Für mich eine besondere Genugtuung, denn nachdem ich den Hengst zum ersten Mal geritten hatte, habe ich spontan gesagt, dass er der Beste unter den Jungen ist. Auch der Beste, den ich je geritten habe. Die weitere Zusammenarbeit mit Herrn Ostmann habe ich mir zusichern lassen. So werde ich auch 2004 einmal in der Woche für ihn in Mülheim ausreiten.“

Er hatte auch ein Angebot eines führenden Riemer Trainers, die Stelle des Stalljockeys zu übernehmen, das verständlicherweise mit der Rau-Offerte nicht mithalten konnte. Überhaupt nimmt der bayrische Raum seit geraumer Zeit im Leben des Andreas Helfenbein einen großen Platz ein, ist er doch seit über anderthalb Jahren mit einer Studentin für Kunst und Film-und Medienwissenschaften liiert, die selbst reitet und ihn Mitte Dezember für drei Wochen besuchen, mit ihm Weihnachten und Neujahr feiern will.

Seinen Dienst in Macau muss er am 1. Dezember antreten. Er will aber schon zehn Tage vorher in der Arbeit in den Sattel steigen, um sich mit den Gegebenheiten an Ort und Stelle vertraut zu machen. Der Rückflug ist für den 26. Februar geplant. Erwartungen an die drei Monate hat er keine sonderlich großen.

„Ein paar Siege wären natürlich eine schöne Sache. Doch genau so wichtig sind die Lebenserfahrungen, die ich dort machen werde. Immerhin bin ich noch nie für einen längeren Zeitraum aus Deutschland weg gewesen. Ich denke auch, dass ich mit einem besseren Englisch aus Asien zurück kommen werde.“

Antreten bei Peter Rau muss Helfenbein am 1. März. Dann heißt es sich wieder umschauen nach einer Wohnung. Doch man hat ja seine Kollegen. In diesem Fall Andre Best, der ihm für die erste Zeit Asyl gewährt, sich auch jetzt schon nach möglichen Behausungen umsieht.

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