Uwe Ostmann: Der ‚Youngster-Macher‘

Ein sonniger Herbsttag, möglicherweise einer der letzten in diesem Jahr, auf der Rennbahn Mülheim-Ruhr. Zwei Zweijährige arbeiten, beobachtet von Uwe Ostmann. „Herrlich“, sagt der 63jährige Trainer. ‚Herrlich‘, mit diesem Adjektiv kann man wohl auch die Saison 2003 für den ehemaligen Hindernisjockey (über 200 Siege, darunter 30 auf der Flachen, drei Championate bei den Hindernisreitern) bezeichnen, denn ohne Zweifel hätte Uwe Ostmann allerbeste Chancen auf den Titel „Trainer des Jahres“.

Ein fantastischer Schnitt von 29,9 Prozent Starts/Siege, fast jedes dritte von ihm gesattelte Pferd kehrte als Sieger zurück, und auch nach Gewinnsumme befindet sich der Mann, der offiziell „Betriebsleiter des Diana-Stalles“ und damit Chef von etwa 15 Mitarbeitern ist, in der Spitzengruppe der deutschen Trainer.

Es waren wieder einmal die Zweijährigen, mit denen Ostmann im Herbst so richtig ins Rampenlicht trat, aber auch die Nachkommen der Pasca, der „Heimkehrer“ Peppercorn, sein zwei Jahre jüngerer Bruder Peppershot und der Youngster Pepperstorm, mit denen Ostmann für Furore sorgte.

„Dass es so ein gutes Jahr wird, damit hatte ich zu Beginn der Saison nicht gerechnet, denn es gab Abgänge in allen Altersstufen zu verzeichnen“, sagt der Trainer, von dem man nicht erst seit gestern weiß, dass er es wie kaum ein Zweiter versteht, mit den Pferden des jüngsten Jahrgangs erfolgreich zu arbeiten. Natürlich liegt der Erfolg auch darin begründet, dass der Großteil der Stallinsassen von Big Shuffle stammt, der bekanntlich ein Garant für Frühreife ist, doch das allein kann es nicht sein. Was ist also das Geheimnis des Ostmann-Erfolges?

„Ich schaue mir die Jährlinge im Gestüt natürlich schon vorher an. Am liebsten bekomme ich sie roh, also noch nicht angeritten und wenn es geht auch nicht vor November. Mitte bis Ende November muss dann aber schon der Aufbau der Muskulatur beginnen. Ein großes Plus ist bei unserem Stall, dass wir ein seit Jahren eingespieltes Team haben. Ich habe gute, leichte Reiter, Ex-Jockeys wie Jörg Piontek, Karin Oldendorf oder auch Tanja Grund, die auch Rennen geritten hat.

Natürlich ist es in dem ein oder anderen Fall von Vorteil, dass ich bei den meisten Pferden auch die Mütter oder Geschwister schon trainiert habe, das kann manchmal helfen“, sagt Uwe Ostmann. ‚Im April kann man erst genau sagen, wie die Zweijährigen geraten sind‘, fügt er hinzu.

Und in dieser Saison sind sie offenbar ausgezeichnet geraten, denn Uwe Ostmann hat mit Glad Lion und Pepperstorm die beiden Ersten des Preises des Winterfavoriten, die zugleich auch die Großverdiener im Jahrgang 2001 sind. Zudem mit Vallera auch noch die Zweite im Preis der Winterkönigin. Bis auf Glad Lion stammen alle von Big Shuffle.

„Aber bei dem ist die Mutter eine Big Shuffle-Tochter“, weiß Ostmann zu berichten. Ohne den Auenqueller Beschäler geht es nun einmal nicht im Diana-Stall. „Er vererbt nicht nur Frühreife, auch Härte. Auenadler hat mit sieben Jahren noch Gruppe-Rennen gewonnen, auch Peppercorn oder Kalatos sind Beispiele dafür‘, sagt Ostmann, der auch weiß, dass man einen Zweijährigen nicht überfordern darf.

„Man muss das genau dosieren, darf nicht gleich bei 100 Prozent anfangen. Manche Zweijährige sind allerdings in ihrer Entwicklung den anderen manchmal so weit voraus, dass sie dreijährig die Form nicht mehr bestätigen können. Das liegt aber nicht daran, dass sie schlechter geworden sind, sondern daran, dass die anderen über Winter aufgeholt haben. In diesem Fall spricht man von den typischen Zweijährigen.“

Mit Zweijährigen kennt er sich aus, der Mann, der seit mittlerweile 32 Jahren seinen Job ausübt, zunächst in Herzebrock, seit 1985 in Mülheim. Mit Glad Lion, Pepperstorm und Vallera hat er wieder drei absolute Top-Talente unter seinen Fittichen. Dabei lief bei Glad Lion nicht einmal alles nach Plan. Nach seinem Debut („da war er sogar noch etwas rund‘) konnte ein geplanter Start im Ratibor-Rennen nicht realisiert werden, dann sollte er im Auktionsrennen in Hannover laufen.

„Vor Hannover haben Glad Lion, Pepperstorm und Vallera zusammen gearbeitet, da kam er nicht mit, worauf er aus dem Rennen genommen wurde. Eine Pause macht in diesem Alter wirklich viel aus. Vor Köln gingen Glad Lion und Pepperstorm einen Spritzer zusammen. Dabei bestätigte sich bei mir der Eindruck, dass er nicht so spritzig ist, sondern ein Galoppierer“, sagt Ostmann, der natürlich das Luxus-Problem hat, dass seine beiden Cracks oft für die selben Rennen in Frage kommen.

„Ich hatte vom Besitzer freie Hand. Pepperstorm hatte mit Höchstgewicht in Dortmund gewonnen, hätte auch in München Höchstgewicht getragen. Wenn er das Dortmunder Rennen nicht so gut verkraftet hätte, wäre er vielleicht in München gelaufen, aber er war gut drauf, außerdem ist es ein Gruppe III-Rennen mit Renomee und hochdotiert, da sind eben beide gelaufen.

Auch in der nächsten Saison ist es sehr wahrscheinlich, dass beide im Mehl-Mülhens-Rennen laufen, vorher gibt es natürlich verschiedene Rennen, Mülheim, Düsseldorf oder Krefeld“, sagt Ostmann, der betont, dass es sich bei seiner besten zweijährigen Stute um eine Steherin handelt. „Das hat man in der Winterkönigin eindeutig gesehen.

Wäre die Dritte, La Ina, dort außen gekommen, hätte sie sie wahrscheinlich zu Sieg geschoben, so war sie außen allein und zog nicht richtig durch, sie ist vielleicht noch ein bißchen dumm. Ihre Route geht im nächsten Jahr aber klar in Richtung Diana“, sagt Ostmann, für den Glad Hunter („hatte Atemprobleme, weshalb wir die Saison früh beendet haben“), Anolitas („hat in diesem Jahr etwas Zeit gebraucht, interessant für die nächste Saison“), Auentraum („läuft noch einmal in Köln im Listenrennen, dann mit Scheuklappen, nachdem er in Krefeld wegbrach“), Wild Advice, Action Fighter (mittlerweile nach England verkauft) und Rita Skeater („bleibt im Rennstall, Riesensteherin, die im nächsten Jahr auf ganz weiten Wegen eingesetzt wird“), weitere erfolgreiche Pferde in dieser Saison waren.

Apropos Stehvermögen. Man würde Uwe Ostmann nicht gerecht werden, wenn man ihn als ‚Zweijährigentrainer‘ tituliert, denn durch seine Hände gingen auch zahlreiche gute Steher. Derbysieger Luigi, Mandelbaum, Platini, Alte Zeit, Turfkönig, die St.Leger-Siegerin Prairie Neba („damals war das St.Leger noch viel stärker besetzt als heutzutage“), Abendstern, Arastou, Prairie Venus, Hondo Mondo, Zohar, Leone oder Tamano, dass sind nur einige Namen, die Ostmann zu großen Erfolgen führte.

„Natürlich ist es sehr schade, dass ich nicht mehr so viele Steher im Stall habe“, sagt Ostmann. „Ich hatte immer gehofft, dass einmal ein guter Steher von Big Shuffle kommt, denn jeder gute Flieger hat auch den ein oder anderen guten Steher gebracht. Pentathlon zum Beispiel. Nun ist Big Shuffle aber auch schon neunzehn Jahre.“

Hat er auch keinen Steher gebracht, so ist Big Shuffle dennoch ein absoluter Top-Vererber. Und ganz besonders mit einer Pferdedame scheint er sich besonders gut zu verstehen. Pasca, Mutter von zahlreichen Top-Pferden. „Das ist eigentlich typisch Rennsport“, sagt Uwe Ostmann. Ich hatte 1989 auf der Auktion für Herrn Battel den Fährhofer Pacaran gekauft. Er gewann das Münchener Auktionsrennen. Am Abend war die Auktion in Baden-Baden und Herr Battel hatte sich für die Schwester Pasca interessiert. Ich hatte sie mir angesehen, sie hatte keine optimale Stellung, war auch sehr nervös. Zuviel dürfte man für sie nicht bezahlen, sagte ich Herrn Battel, der sie nach dem Sieg von Pacaran dann für 33.000 Euro kaufte.

Wäre das Auktionsrennen doch bloß einen Tag später gewesen, hatte ich damals gesagt, denn viel Mumm hatte ich auf sie nicht. Auf der Rennbahn war sie ja auch eine Enttäuschung, gewann nur ein Rennen. Dann kam ihr Erstling Pluto. Er war sehr klein, gewann kein Rennen, ist heute Reitpferd.“ Doch dann ging es los. Peppercorn gewann das Ratibor-Rennen in Krefeld, später noch mehrere Grupperennen, es folgte die Stute Pepperjuice, die auch auf ein GAG von 90 Kilo kam, dann Peppershot, der als Siegloser den Preis des Winterfavoriten gewann.

Und jetzt Pepperstorm, bei vier Starts dreifacher Sieger und Zweiter im Preis des Winterfavoriten. „Er ist ein ganz anderer Typ als seine Geschwister. Die waren leicht zu händeln, ganz ruhig und machten keine Schwierigkeiten. Bei ihm ist das ganz anders. Er ist ein echter Raufbold, stellt auch die Starthelfer vor große Probleme‘, charakterisiert Ostmann Pepperstorm, der wie alle seine Geschwister von Big Shuffle stammt. Auch einen ein Jahr jüngeren Bruder gibt es schon. Peppersteam. Vater? Na klar, Big Shuffle.

Der Älteste in der Familie muss in dieser Saison noch einmal ran. „Peppercorn soll noch Mitte November in einem Gruppe II-Rennen in Rom laufen. Dann wird entschieden, ob er im Rennstall bleibt‘, sagt Ostmann, der nicht so oft Pferde jenseits der Grenzen aufbietet wie einige seiner Kollegen. „Es muss schon Sinn machen, dann kann man auch im Ausland laufen‘, sagt der Diana-Chef, der sich natürlich auch Gedanken über die Lage im deutschen Turf macht.

„Die Vereine, auch das Direktorium geben sich doch alle Mühe, man kann schwer sagen, wer Schuld hat Ein Grund ist sicher, dass die Top-Pferde kaum noch in Deutschland laufen. Früher waren die Bahnen voll, wenn ein Luciano lief, da liefen im Preis von Europa die besten Pferde. Heute laufen sie lieber im Arc de Triomphe und werden Zehnter. Man muss nach Italien schauen, was da für ein Umsatz ist. Und das ist ein ärmeres Land als Deutschland. Natürlich ist das Freizeitangebot heute auch wesentlich größer als früher.“

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