Eine Sensation war es nicht, wenngleich es am letzten Sonntag in Wambel dreistellige Odds auf die jüngste Leger-Siegerin Royal Fantasy gab. Allzu nachdrücklich hatte sich Stall Nizzas Monsun-Tochter bei ihrem Sieg im Großen Stutenpreis von Bremen in Szene gesetzt. Dass die von Horst Steinmetz trainierte Lady über ein hohes Maß an Rennvermögen verfügt, das war bekannt.
Doch auf der anderen Seite gab es da diesen „eigenwilligen Kopf“, den ihre engste Umgebung oft genug zu spüren bekam. Davon konnte man sich bereits bei Royal Fantasys Erstauftritt im Frühjahr in Köln, als sie mit dem Sieg in der Hand wegbrach und Christian Czachary ins Gras beförderte, überzeugen.
Oder wie an der Startstelle vor dem Preis der Diana, als Royal Fantasy partout nicht in die Box einrücken wollte und die Starthelfer bis aufs Äußerste strapazierte. Als es mit ihr losging, hatte sie sich längst den „Zahn gezogen“, spielte im Klassiker keine Rolle.
Dass man sie aber überhaupt als noch siegloses Pferd in die „Diana“ schickte und sie sogar zu den Mitfavoritinnen zählte, spricht natürlich für das hohe Vertrauen, das man stets in sie gesetzt hatte.
Doch Horst Steinmetz und sein Team bekamen die Sache mehr und mehr in den Griff, es war zu sehen, dass die Monsun-Tochter in den letzten Wochen deutlich auf dem richtigen Weg war.
Royal Fantasy steht im Besitz des Stalles Nizza, dahinter verbirgt sich Jürgen Imm, Bankier aus dem Breisgau. Auf Anraten seines Trainers hatte er die Monsun-Tochter im November 2002 in seinen Besitz gebracht, als diese mit weiteren Elite-Pferden zu Horst Steinmetz nach Neuss übergesiedelt war. Die Stute hatte zum Verkauf gestanden.
Sieht man von dem Malheur beim Debut in Köln ab, so konnte die Monsun-Tochter in diesem Jahr drei von sechs Starts zu Siegen gestalten, machte am Sonntag im St. Leger den Hattrick komplett. Da wundert es natürlich nicht, dass man Royal Fantasy noch ein Jahr in Training hält. Später dürfte Jürgen Imm seine „Classic-Lady“ in seiner Mutterstutenherde sicher herzlich wilkommen heißen.
Es ist Rudolf Eisemann zu verdanken, dass Rudolfina, die Mutter von Royal Fantasy, den Weg in die deutsche Zucht fand. Der Besitzer und Züchter aus Spechbach war nicht zuletzt der breiteren Turföffentlichkeit dadurch bekannt geworden, dass er bei der jährlichen Sitzung der Besitzervereinigung im Baden-Badener Kongresshaus unter dem Tagesordnungspunkt „Wortmeldungen“ feurige Reden hielt und heiße Diskussionen führte.
Rudolf Eisemann, der im Mai 2001 mit 74 Jahren verstarb, hatte seine züchterischee Visionen, zog es oft in die USA. So weilte er auch 1992 auf der November Breeding Stock Sale in Keeneland. Allein, ohne Berater oder Agent, steigerte er für 9000 Dollar ein von der Windfields Farm, der Heimat u.a. des großen Nijinsky, angebotenes Stutfohlen.
Rudolf Eisemanns Tochter Renate Kluthe, die das Gestüt Katharinenhof im Sinne ihres Vaters heute weiterführt, erinnert sich: „Mein Vater klärte mich bald über den Ankauf auf. Er habe eine sehr gut gezogene Stute relativ günstig ersteigern können, sie habe zwar eine lose Hinterhand, aber habe am gleichen Tag wie er Geburtstag. Das war für ihn irgendwie ein schlagkräftiges Argument.“
Auf jeden Fall hatte er den richtigen Riecher, wie später noch so oft. Denn Rudolf Eisemann erwies sich als exzellenter Fohlen-Einkäufer und konnte US-Pedigress „lesen“. So ersteigerte er in den USA z.B. die Stutfohlen Maltage, sie wurde später Mutter von Martillo, oder Miss Tobacco, die in seinen Farben zur Gruppe-Siegerin aufstieg.
Was lag näher, als die in den USA 1992 gekaufte Pleasant Colony-Tochter, die wie erwähnt am gleichen Tag wie Rudolf Eisemann Geburtstag hatte, auf den Namen Rudolfina zu taufen. Die Stute hatte mit Pleasant Colony einen ganz prominenten Vater, er avancierte 1981 zum Champion-Hengst der Dreijährigen in den USA, gewann u.a. auch das Kentucky Derby und die Preakness Stakes.
Auch als Stallion machte er Karriere, in Europa zeichnet er für den irischen Derby-Sieger und King George-Triumphator St. Jovite verantwortlich. Zur Seriensiegern stieg Rudolfinas Mutter Robertina auf. Die Roberto-Tochter gewann sieben Rennen und stellte auch in der Zucht etliche Sieger.
Für Rudolf Eisemann gewann Rudolfina vier Rennen, startete in seiner Spechbacher Zucht mit der von Polish Precedent stammenden Royal Polish, die ungeprüft blieb. Es folgte der Hector-Protector-Sohn Royal Hector, der inzwischen nach England verkauft wurde. Schließlich entschloss sich Rudolf Eisemann, Rudolfina zu verkaufen, sie erschien auf der ‘99er BBAG-Herbstauktion, war tragend von Monsun.
Das noch junge Gestüt Elite bekam bei 42 000 Mark den Zuschlag, legte somit den Grundstein für den ersten klassischen Züchtersieg. Am 25. Mai 2000 fohlte Rudolfina eine fuchsfarbene Stute nach Monsun, sie wurde auf den Namen Royal Fantasy getauft. Ein Jahr später brachte Rudolfina den von Platini stammenden Royal Power, der im Vorjahr auf der BBAG-Jährlingsauktion für 9500 Euro an Rainer Grabowski und Karlheinz Kasch versteigert wurde. Er steht ebenfalls im Neusser Stall von Horst Steinmetz.
Unter den Elite-Fohlen befindet sich aktuell eine Stute von Observatory. Nicht nur von Rudolfina, das Gestüt Katharinenhof trennte sich in diesem Jahr auch von Royal Polish, die das Gestüt Erftmühle erwarb. In dieser Saison hatte man sie nicht decken lassen.
Ihr Erbe ist im Katharinenhof allerdings gesichert, da Royal Polish im Februar dieses Jahres die von Second Empire stammende Royal Empire fohlte. Im Gestüt Elite hat man Rudolfinas Partner für 2004 bereits ausgewählt: Gestütsleiterin Vanessa Zander: „Da drängt sich doch Monsun förmlich auf.“