„Das Geld ist nicht das Problem. Es ist da!“

Der Mann macht etwas, was völlig unmöglich erscheint. Zumindest in diesen Wochen und Monaten. Er sammelt Geld ein für ein Unternehmen, das demnächst an die Börse geht. Ein Unternehmen, das sich mit Pferde- und Sportwetten allgemein beschäftigt.

Erfolgsversprechender erscheint es, so nehmen wir zunächst einmal an, im eigenen Garten nach Öl zu bohren. Doch Guido Schmitt, 32, sagt: „Das ist überhaupt kein Problem. Geld ist doch da.“

Und wie wir uns so umschauen, am frühen Abend eines ganz normalen Wochentages in einem Düsseldorfer Restaurant der mittleren Preisklasse, da können wir nicht widersprechen. Der Laden ist voll, den Leuten, jungen zumeist, geht es augenscheinlich gut, der Euro sitzt locker, nichts zu spüren von Wirtschaftskrise und Rezession, Vokabeln, die gerade im Galopprennsport schnell benutzt werden, wenn es darum geht, die aktuell alles andere als erbaulichen Wettumsätze zu erklären.

Schmitt kennt sich aus in der Szene. Der Urgroßvater war Besitzer, schon als Halbwüchsiger ging er mit seinem Onkel auf die Rennbahn, wurde infiziert, blieb am Ball. Irgendwann trat er dem Galopp-Club Deutschland bei, erwarb später eigene Pferde, ist inzwischen sogar Züchter. Vierbeiniges Aushängeschild: Fleurie Domaine, preiswert eingekauft, höchst erfolgreich.

„Wenn es zeitlich irgendwie geht, dann gehe ich am Wochenende auf die Rennbahn.“ Er ist Turf-Zielgruppe: Gelernter Bankkaufmann, irgendwann selbständig geworden, jung, Bargeld in der Tasche, erfolgsorientiert, Wetter. Aber: Leute wie ihn muss man auf der Rennbahn mit der Lupe suchen.

Vor einiger Zeit wurde er gebeten, das Sportwetten-Unternehmen Eurotip börsenfit zu machen. „Der Laden hatte keinen guten Ruf“, erzählt er, „die Inhaber haben Fehler gemacht. Es gab Liquiditätsengpässe, doch das kann in einem wachstumsorientierten Unternehmen normal sein. In jedem Fall ist das jetzt Historie. Die Leute sind gut, es macht Spaß, ich habe dort einen Zwei-Jahres-Vertrag, und ich denke, dass wir in einigen Wochen börsenfit sind.“

Das heißt, dass das Unternehmen Sportwetten.de AG am geregelten Markt auf dem Kurszettel erscheint. Derzeit noch in einem Mantel namens E.multi AG, eine leere, börsennotierte Gesellschaft, verborgen, doch ist ein Namenswechsel geplant.

Eurotip ist heute, so Schmitt, Marktführer bei Pferdewetten im Internet, „achtzig Prozent decken wir ab, technisch sind wir ohnehin die Besten.“ Im Internet gibt es inzwischen durch galopprennen.tv eine Bild-Präsenz, der Umsatz im gesamten Wettbereich wächst stetig, „Tendenz steigend“, mit Perspektiven.

Die demnächst noch besser sein könnten, wenn die höchste Rechtssprechung die Sportwetten allgemein sanktioniert, nicht mehr im Grauzonenbereich lässt, wo sie im Moment noch angesiedelt ist.

„Wir sind uns ziemlich sicher, dass dies passiert“, sagt Schmitt, „auch wenn der Lotto-Block daran verständlicherweise nicht interessiert ist. Aber die veralbern doch die Kunden. Oddset kann nicht mehr als fünfzig Prozent der Einsätze ausschütten, so ist das Gesetz, und da kann jeder Buchmacher bessere Kurse machen.“

Dass dies zu Lasten des Rennsports gehen wird, dürfte jedem klar sein. Natürlich auch Guido Schmitt. „Deshalb verstehe ich nicht, dass sich die Galopper nicht frühzeitig mit den Buchmachern geeinigt haben“, sagt er, „wenn der Sportwettenbereich erst einmal harmonisiert ist, dann sind die doch gar nicht mehr an Pferderennen interessiert. Es findet doch jetzt schon eine Entwöhnung statt. Man hätte die Buchmacher an der Finanzierung der Renntage beteiligen müssen, wie dies auch in England geschieht. Und hätte mit ihnen eine langfristige Partnerschaft eingehen müssen.“

Schmitt sieht es als völlig verfehlt an, die Buchmacher in eine bestimmte Ecke zu drängen. „Vor einigen Wochen kam ich zufällig mit Baron Ullmann ins Gespräch. Er fragte mich, ob ich auch schon einmal bei einem Buchmacher wetten würde. Natürlich habe ich ja gesagt, wenn nämlich der Kurs stimmt. Das wurde natürlich negativ ausgelegt, doch kann es das eigentlich nicht sein. Ich bin davon überzeugt, dass die Buchmacher sehr viel vom Rennsport verstehen und somit ein wichtiger Partner für diesen sein können.“

Schmitt glaubt auch, dass andere, viel mächtigere Anbieter auf den deutschen Markt drängen werden. „Warum sollte nicht William Hill kommen. Oder Coral. Die sehen doch, dass etwa auf dem Fussball-Sektor einiges zu machen ist.“

Und auch ein weiteres Geschäftsfeld, an dem die Rennvereine nicht direkt partizipieren, sieht er als bald besetzt an – aber nicht von ausländischen Anbietern, sondern von seinem eigenen Unternehmen: Das Modell, das in England betfair mit enormem Erfolg durchführt, das Wetten im Internet gegeneinander.

„Das ist die Zukunft, da gehen wir rein“, sagt er, „betfair hat jetzt schon rund eintausend aktive deutsche Spieler. Deshalb sind wir sicher, dass wir als deutscher Anbieter auf dem Markt einiges bewegen können. Wenn ich sehe, dass betfair pro Jahr wohl dreistellige Millionen-Beträge umsetzt, dann muss doch hier auch etwas möglich sein.“

Trotzdem sieht er durchaus Ressourcen für den Rennsport: „Jeder, der sich für den Finanzmarkt interessiert, der interessiert sich auch für Pferderennen. Wenn wir es schaffen, das Volumen hochzubringen, dann partizipieren doch alle davon. Ich frage mich doch jeden Tag, was die im Direktorium so machen. Mit den Gebühren, die ich als Besitzer oder Züchter zu zahlen habe. Alleine was die Bilderrechte betrifft: Da müssen Profis ran. Die gesamte Bilderstellung kann wesentlich preiswerter gemacht werden, das ist Tatsache.“

Schmitt hat Ideen, ohne Zweifel, doch sieht er den Rennsport als noch zu abgehoben an, als Sport der Männer „mit den grünen Jäckchen.“ „Warum“, sagt er, „verkauft man nicht gleich den ganzen deutschen Rennsport. An Red Bull. Solche Leute wären interessiert, und es kommt richtig Geld in die Kasse. Und Leben in die Bude. Ich könnte mir wirklich vorstellen, etwas zu bewegen, doch wird man mich nicht akzeptieren.“

Wer weiß. Auch wenn Guido Schmitt aus einer Ecke kommt, die bei den Oberen des Turfs aktuell nicht unbedingt hoch angesehen ist. Doch ohne Menschen, die Türen aufstoßen, geht es nun einmal nicht.

Nächste Renntage

Galopprennen in Deutschland
Do., 18.09. München
Sa., 20.09. Berlin-Hoppegarten, Saarbrücken
So., 21.09. Dortmund, Hannover, Billigheim
Sa., 27.09. Dresden
So., 28.09. Köln, Mannheim
Do., 02.10. Honzrath
Galopprennen in Frankreich
Mi., 17.09. Moulins, Toulouse
Do., 18.09. Auteuil, Le Croise-Laroche
Fr., 19.09. Saint-Cloud
Sa., 20.09. Chantilly, Lion d’Angers
So., 21.09. Lyon Parilly, Fontainebleau
Mo., 22.09. Angers, Vichy