Siege deutscher Galopper im Ausland sind mittlerweile keine Raritäten mehr, vielmehr fast Standard. Zu den bevorzugten Zielen außerhalb der deutschen Lande zählen dabei die Bahnen in Frankreich, auf denen die deutschen Ställe reichlich Ernte hielten. Nicht alltäglich, vielmehr zum ersten Mal, ist zu registrieren, dass mit dem in Iffezheim ansässigen Dieter Fechner ein deutscher Trainer im erweiterten Mittelfeld der betreffenden Statistik für die vergangene Saison 2002 in Frankreich geführt wird.
Auch wenn das dortige Championat traditionell nach Gewinnsumme entschieden wird, so ist doch Fechners Platzierung im Kreis der Großen ein bemerkenswerter Fakt, stellt dem etliche Jahre in München tätigen und dann nach Iffezheim übergesiedelten 48jährigen ein erstklassiges Zeugnis aus.
„Grund für den Umzug war die Nähe zu den französischen Bahnen. Schon in Riem, wo ja immer nur dieselben Pferde liefen, habe mich mit diesem Gedanken befasst, habe an Frankreich mit seinen zahlreichen Bahnen gedacht. Dort erhält man ganz andere Einblicke, auch die Chance, andere Methoden sowie Menschen kennen zu lernen, zumal ich auch im Privatleben schon mit Frankreich verbandelt war”, erinnert sich Dieter Fechner, der seit mehr als fünf Jahren mit einer französischen Tierärztin zusammen lebt.
„Heiraten ist bei unserem Beruf wohl nicht das Richtige”, erklärt der Iffezheimer, der sich als eine Art Vorreiter in Sachen Auslandsstart unter der deutschen Trainerriege sehen darf. „Hefter und Himmel habe ich mittlerweile auch dazu animieren können. Es gab aber auch Anfragen etlicher Trainer aus dem Westen, die sich bei mir über die Modalitäten im französischen Rennsport und das ganze Drumherum erkundigten”, so Fechner, der 1997 die ersten Ausflüge über die Grenze unternahm und drei Siege in Frankreich landete.
Die folgende Saison sollte ohne Treffer bleiben, doch bereits 1999 kam er mit 16 Siege auf eine zweistellige Erfolgszahl. Dass er damit die Anzahl der heimischen Treffer, nämlich sechs, deutlich übertraf, bedeutete ein zusätzliches Novum.
Diesem Trend sollte er in den folgenden Jahren treu bleiben, die Zahl der deutschen Treffer sank stetig, die der französischen Erfolge stieg im gleichen Maße. „Genau weiß ich es auf Anhieb nicht”, sagte er auf entsprechende Nachfragen, doch die Statistik gibt Aufschlüsse. 80 Siege sind es mittlerweile, wobei die 27 des Jahres 2002 Rekord bedeuten und die bisherige Bestmarke um glatte zehn Erfolge übertreffen.
Mit der Zahl stieg aber auch die Qualität der Treffer. So wird wohl der 29. September des Vorjahres ein unvergesslicher Termin in der Karriere des Dieter Fechner bleiben, feierte er doch mit Wins Fiction seinen ersten Erfolg in einem französischen Listen-Rennen, durfte zugleich den größten Siegpreis der Karriere verbuchen.
Es sind die Rennpreise, die locken, zudem natürlich die damit verbundenen Prämien für französische gezogene Pferde, die im Stall Fechner den überwiegenden Anteil bilden. „Dort gibt es Besitzerprämien in Höhe von 75 Prozent für Zweijährige, in Listen-Rennen betragen sie sogar 85 Prozent, bei den Dreijährigen gibt es noch 65 Prozent bzw. 75 Prozent bei Listen-Rennen, während sie bei den Älteren immerhin noch bei 50 Prozent liegen.
Das sind Anreize, an denen man nicht vorüber gehen darf, von denen auch der Trainer seinen Anteil erhält. Ich habe z.B. fünfzehn Prozent ausgemacht, muss ja auch eine Menge für meine auf Reisen befindlichen Leutezahlen. Zwei Prozent von meinem Anteil gebe ich an die Stallkasse ab”, erklärt Fechner, der als erster deutscher Trainer so weit vorne in einer französischen Statistik geführt wird.
„Ich bin mit 26 Pferden auf 27 Siege gekommen, was sich sehen lassen kann. Es macht dort aber auch Spaß, z. B. wenn ein Pferd dort in den schönen Sattelboxen fertig gemacht wird. Ich habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass sich die Pferde in Frankreich viel ruhiger geben.
Ohne Zweifel sind die ständigen Fahrten mit Mehrkosten verbunden, doch gibt es andererseits ja auch mehr zu gewinnen. Das kleinste Rennen in der Provinz bringt einem noch vier- bis viereinhalbtausend Euro, zuzüglich der Prämien”, fügt der Iffezheimer an. Das Angebot dort zu trainieren, wurde ihm bereits unterbreitet. Doch da beweist er Lokalpatriotismus und lässt nichts auf seinen Wohnort kommen. „Nein, Iffezheim ist schon in Ordnung, hier kann man gut leben”, bricht er eine Lanze für die Gemeinde.
Er ist ein zufriedener Mensch, der auch für das neue Rennjahr Optimismus ausstrahlt. Ist doch seiner Meinung nach die Qualität seines Aufgebots weiter gestiegen. Daher rührt auch die Hoffnung, nach dem Listen-Sieg von Wins Fiction vor zwölf Monaten in diesem Jahr einen noch größeren Coup auf Gruppe-Ebene landen zu können.
Sky Risks – so heißt die Stute, die das bewerkstelligen soll. „Sie war zwei Mal Zweite in Listen-Rennen und besitzt das Potenzial für noch mehr”, charakterisiert Fechner die Stute, die neben Wins Fiction sowie Penny McLane und Tamagochi, die als Zweijährige ihr Talent mehr als nur angedeutet haben, zu den Hoffnungsträgern für das anstehende Rennjahr gelten.
„Sie ist eine Bodenspezialistin und früh da. Man muss gucken, was man sich mit ihr schnappen kann”, gibt sich Fechner gleichermaßen salopp wie zuversichtlich. Gefuchst hatte ihn in jüngster Vergangenheit, dass seine Frankreich-Erfolge in der deutschen Statistik nicht geführt wurden. „Ich habe einen Brief nach Köln geschrieben, worauf dann alles seine Ordnung hatte, immerhin kassiert man dort ja auch von den Auslandsgewinnen”, legt er die Angelegenheit zu den Akten.
Die Geschichte hatte sogar einen positiven Aspekt. Als die Statistik einschließlich der Frankreich-Erfolge veröffentlicht wurde, fiel das sogar einem Amerikaner in Kentucky auf, der seitdem zu den Besitzern zählt. Mit Kopfschütteln verfolgt er die neue Regelung im Championat, von der er ja im Übrigen profitieren würde.
„Danach kann man ja theoretisch dank eines in dem bewussten Jahr Sieglosen Champion werden. Er muss sich nur in den ganz großen Rennen regelmäßig platzieren, dann kommt schon die entsprechende Bilanz zusammen, das scheint nicht durchdacht.” Einverstanden gäbe er sich mit einem Modus, der ausschließlich die in Deutschland erzielten Gewinne berücksichtigt, das wäre okay und entspräche internationalem Standard.
Dass der französische Rennsport analog dem deutschen kriselt, hat er bislang nicht ausmachen können, „denn die Rennpreis sind stabil wie in den Jahren zuvor geblieben.” Daher wird das Nachbarland auch weiterhin das Ziel der Fechner-Pferde bleiben. „Hin und wieder sind wir auch in Deutschland, doch ansonsten passt das nicht in das System. Ist ein Pferd in einem Course D-Rennen, was unseren Sieglosen-Prüfungen entspricht, erfolgreich oder platziert, passt es nicht mehr in die Course E- bzw. F-Aufgaben rein”, erklärt Fechner seine Planung.
Erster diesjähriger Starter könnte im übrigen Wins Fiction werden, der sowohl für die Großen Preise in St. Moritz (23. 2.) und von Cagnes (21.2) eingeschrieben werden soll. Im Falle eines Cagnes-Starts könnte er sogar für ein besonderes Geburtstagsgeschenk sorgen, denn an diesem Tag wird sein Betreuer 49 Jahre alt.
Mit St. Moritz würde man dagegen im wahrsten Sinne des Wortes neues Eis betreten, denn in der Schweiz stellte man bisher noch keinen Starter. Der eigentliche Saisonauftakt ist für den 2. März geplant, wenn in Straßburg die Tore geöffnet werden. Sandbahn-Rennen in Deutschland sind kein Thema, denn „die Pferde haben ihr Pensum hinter sich gebracht, zudem ist im Spätherbst der Boden sauschwer. Sie sollen sich dann erholen. Ich lasse Pferde laufen, wenn sie fit sind.”
Und fit müssen die Pferde sein, wenn sie das Erfolgsjahr 2002 noch toppen wollen. Jean-Pierre Lopez, Wins Fictions Reiter beim Straßburger Listen-Erfolg und für St. Moritz bzw. Cagnes vorgesehen, erhält wie in der Vergangenheit wieder zahlreiche Chancen, wird vor allem auf den kleineren Bahnen neben dem jungen Malenfant zum Einsatz kommen, während für Paris wie bisher Thierry Jarnet als Mann des Vertrauens gilt.
„Vielleicht hole ich mir noch einen zweiten Mann. Ich habe bereits mit Sebastien Jousselin gesprochen, der ja wieder nach Frankreich zurückgekehrt ist und in Deutschland gute Erfolge erzielte”, fügt Fechner an, der sich, was das neue Rennjahr angeht, kämpferisch gibt und sich lediglich einen Kurzurlaub gönnt.
„Vielleicht fünf bis sechs Tage zum Skilaufen, wie zu Münchner Zeiten auf der Winkelmoos Alm. “ Und fügt dann an, „noch wichtiger wäre es allerdings, wenn es im deutschen Rennsport wieder aufwärts ginge, denn das wäre für alle besser. Die Geschichte mit Sisal war ein Trauerspiel, oder nehmen wir die Iffezheimer Wettannahme an, die wie eine Bahnhofshalle aussieht. Auf der anderen Seite baut man aber für zehn Millionen Euro eine neue Tribüne. Wir leben aber in erster Linie vom Umsatz, Service darf im Rennsport kein Fremdwort bleiben.”