Auf den Tag fast genau vor zwanzig Jahren. Manfred Hellwig, Steuerberater mit eigener Kanzlei in Frankfurt, hat den Entschluss gefasst, in den Galopprennsport einzusteigen. Zunächst bescheiden, das eine oder andere Rennpferd soll es sein, aber auch die eine oder andere Mutterstute. Gleich begeistert von seiner Idee, Ehefrau Edith. Im Gestüt Birkenmoor der Familie Karnebogen und im Gestüt Ravensberg wird man als Erstes fündig.
Man erwirbt den Jährling Pearl Rose und die Mutterstute Wildfährte. Sommer 2002. In den Farben des Gestüts Höny-Hof gewinnt Salve Regina den Ostermann – Preis der Diana, erreicht im BMW-Deutschen Derby, im Credit Suisse Private Banking Pokal, Großer Preis von Baden und Euro Post-Express Preis von Europa jeweils den glänzenden zweiten Platz, steigt zur First-Lady im Jahrgang auf. Dazwischen liegen zwanzig Jahre, in den denen auch das Ehepaar Hellwig den oft zitierten Test der Leidensfähigkeit im Rennsport bestehen mussten.
Auch ungeachtet der Tatsache, dass der große Erfolg lange auf sich warten ließ, haben die Hellwigs das erwähnte Examen locker bestanden. „Es hat mich von Beginn an vor allem auch die züchterische Seite gereizt“, gibt der Höny-Hof-Eigner zu verstehen. Vielleicht etwas ungewöhnlich für einen Neueinsteiger, der als Jugendlicher auf Warmblütern im Sattel saß und hin und wieder die Galopprennen in Frankfurt-Niederrad besuchte.
Die ersten Kontakte kamen über Manfred Hengl, Gestütsleiter an vielen Orten, wie z.B. in den Gestüten Ostenhof, Keltenhof oder Simmenach zustande. Zum anderen traf Manfred Hellwig auf der Niederräder Bahn auch seinen früheren Schulfreund Wolfgang Weber wieder. Er ritt bei Andreas Hecker hin und wieder in der Morgenarbeit aus und versuchte sich auch als Amateurrennreiter.
„Ein Idealist, damals hat er das Waldmann-Rennen gewonnen und bis heute stiftet er für diese Prüfung immer noch den Ehrenpreis“, weiß Manfred Hellwig zu berichten.
Die erste Siegerin für das damals noch junge Gestüt Höny-Hof war Pearl Rose, trainiert von Andreas Hecker. Natürlich ein unvergessener Moment, die Stute steigerte sich weiter und markierte im Großen Henninger-Preis einen ersten bedeutenderen Meilenstein.
Die weiteren Ankäufe aus dieser Zeit hießen z.B. Wildrun, Cocotte oder Belgard. Letztere brachte später mit dem Königsstuhl-Sohn Bollo einen richtigen Volltreffer. Der von Uwe Ostmann trainierte, Andreas Hecker stand unmittelbar vor dem Ende seiner so langen Karriere, Königsstuhl-Sohn gewann mit dem Preis der Deutschen Besitzer, Kölner Steher-Preis (L.R.), Großen Preis von Mülheim und Baden-Badener Union-Klub-Pokal gleich vier Toprennen.
„Der Bursche hatte einen solch tollen Charakter, dass er später nach Beendigung seiner Rennlaufbahn in Frankfurt als Pferd für therapeutisches Reiten eine neue Aufgabe fand“, gibt Manfred Hellwig voller Stolz über seinen ersten bedeutenden Zuchterfolg zu verstehen.
Für das Ehepaar Hellwig war es gar keine Frage, dass man auf einer eigenen Scholle züchten wollte. Ein Gelände war eigentlich schon vorhanden. Im ostfriesischen Moormerland, zwischen Emden und Leer, investierte man 1971 in einen Hof, dessen landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr existenzfähig gewesen war. Man baute ihn wieder auf und verpachtete ihn partiell für die Milchlandwirtschaft, einen anderen Teil des Hofes hielt man als Zweitwohnsitz.
„Wir gingen, wenn wir dort waren, stets an rund 200 Kühen vorbei, was auf Dauer ja nicht gerade inspirierend ist. Als die Sache mit den Vollblütern ins Rollen kam, haben wir uns gedacht, hier sollten wir Vollblüter züchten“, erklärt Edith Hellwig schmunzelnd.
96 Hektar Eigenland und 16 Hektar Pachtland standen zur Verfügung, natürlich wurde die Pferdezucht getrennt betrieben. Der Hof für die Milchwirtschaft stieg im Übrigen zum Musterhof Ostfrieslands auf. Der „Höny-Hof“ war geboren.
„Die ersten Worte, die unsere Tochter Annette über ihre Lippen brachte, waren Höny und da haben wir das Gestüt so benannt“, klärt Edith Hellwig auf. Im Schnitt waren es bis zu fünf Mutterstuten, mit denen man züchterisch aktiv war. An dieser Zahl hat sich im Prinzip eigentlich nichts geändert. Auch nicht an der Tatsache, dass man unverändert nur für den Eigenbedarf züchtet.
Als Autodidakt eignete sich Manfred Hellwig ein solides Grundwissen an, war durchaus in der Lage, „Pedigrees zu lesen“ und einen Deckplan zu konzipieren. Natürlich ließ er sich auch stets von anerkannten Fachleuten beraten. Auf jeden Fall sollte es für seine Stuten Stallions sein, die nicht unbedeutende Referenzen vorzuweisen hatten. Wie etwa Königsstuhl, Nebos oder Acatenango, das waren seine bevorzugten Namen.
Manfred Hellwigs Investitionsbereitschaft war nie gering, aber durchdacht, auch mit einem vernünftigen Verhältnis zur Spekulation verbunden. So reizte ihn der Einstieg als Shareholder eines Deckhengstes. Der Einstand war Ashmore, an dem er einen halben Anteil erwarb. Den anderen hielt der Rietberger Gestütsherr Carl Friedrich Tenge-Rietberg.
Der Deal wurde über Captain Rogers aus England abgewickelt, es sollte der Anfang weiterer ähnlicher Investitionen werden. „Doch wenige Zeit später verstarb Captain Rogers, die Kontakte rissen leider“, erinnert sich Manfred Hellwig. Auch Ashmore ging relativ früh verloren.
Da die Reisen nach Ostfriesland vom hessischen Bad Homburg aus, dem Erstwohnsitz der Hellwigs, doch immer zeitaufwendiger und strapaziöser wurden, reifte der Entschluss, in der heimatlichen Umgebung ein Gestüt zu finden oder aufzubauen.
Manfred Hellwig: „Es war eine Zufallsbegegnung in Frankfurt. Auf dem Neujahrsempfang der Frankfurter Industrie und Wirtschaft 1999 kam ich in einem Gespräch mit Graf Lambsdorff, einem Verwandten des FDP-Urgesteins, auf das Thema Jagd und Grundstücke. Und als ich ihn direkt darüber informierte, dass ich einen Wald zum Jagen und Land zum Pferdezüchten suchte, begannen seine Augen zu funkeln,“ erinnert sich Manfred Hellwig.
Der Grund, Graf Lambsdorff hatte so gut wie ein konkretes Angebot praktisch in der Tasche. Ein Freund von ihm wollte sich von Grund und Boden in Oberaula trennen. Am 7. März kam es zum ersten Besichtigungstermin in Oberaula, zwei Tage später bereits zur Vertragsunterzeichnung.
Von diesem Tag an ist auf dem Hof – der gut eine Autostunde von Hellwigs Wohnort Bad Homburg entfernt liegt – so gut wie nichts mehr wie früher. Die Gebäude wurden teils entkernt, vieles neu errichtet. Manfred Hellwig hatte genaueste Vorstellungen, Architekt Ferdinand Leve-Ostermann, anerkannter Fachmann auf dem Gebiet von Gestüts- und Stallbauten, setzte dies um. Würde man es benoten, läge man in der Einserregion sicherlich richtig.