Wer bei der diesjährigen Jährlingsauktion in Baden-Baden Geduld bis in die frühen Abendstunden bewiesen hatte, wurde belohnt. Denn er wurde Zeuge eines der spannendsten Bieteduelle deutscher Vollblutgeschichte, gekrönt mit einem neuen Rekord für ein Jährlingspferd. Es bieten keine Unbekannten. Helmut von Finck und das Gestüt Fährhof bemühen sich um die Katalognummer 199. Doch nicht nur dieses beiden, sondern auch ein junger Mann, mit Handy am Ohr. Wer ist dieser Schwarzhaarige, der immer wieder nickt? So lange, bis der Hammer endgültig für ihn gefallen ist. So lange, bis der bisherige Auktionsrekord gepurzelt war.
Es ist Paul Collins. Einer der aufstrebenden Agenten im internationalen Geschäft. Und dieser Paul Collins ist hierzulande kein Unbekannter. Für den am 13. September 1966 geborenen Iren geht es schon 1989 erstmals nach Deutschland. Collins spricht kein Wort deutsch, als er von der Insel kommt, der Stall von Bruce Hellier ist die erste Anlaufstation. Deutschland gefällt ihm aber. Er bleibt hier, lernt deutsch und reitet weiter. Ab und an ein Flachrennen, aber in erster Linie über die Hindernisse. Nach der Zeit bei Hellier geht es über Jutta Schultheis in Warendorf an den Stall von Andreas Wöhler in Bremen. Für Wöhler gewinnt er am 18. Mai 1993 den Badener Roulette-Preis mit Löns, sein größter Erfolg auf dem Rücken eines Pferdes. Mitte der 90er Jahre beendet Collins seine Karriere bei Wöhler, kehrt zurück nach Irland.
Dort ist er zu Hause. In Irland, genauer gesagt in Ballybrown, nur eine halbe Stunde vom Coolmore Stud entfernt. In Irland lernte er auch das Reiten. Geht nach England, absolviert bei Vincent O`Briens Sohn David seine Lehre. Im familieneigenen Gestüt, dem Ballybrown Stud, stehen heute 15 Mutterstuten. In der Vergangenheit wurden hier in erster Linie Hindernispferde groß. Doch jetzt züchten Collins und sein Vater auch für Flachrennen. Collins hat erst kürzlich drei Stuten für das eigene Gestüt erworben. Der Kauf von Pferden, das ist seine neue Leidenschaft. Vielmehr sein Beruf. Schon zu seiner Zeit bei Bruce Hellier vermittelt Collins Pferde aus England nach Deutschland. Der irische Startrainer Dermot Weld spielt dabei keine geringe Rolle. Als Collins diesem im Jahr 2000 sagt, er wolle das ganze nun professionell machen, unterstützt Weld ihn sofort.
Der erste große Kauf von Collins wird Agnetha. 240.000 DM legte der 34-jährige für das Pferd auf den Badener Auktionstisch. Dermot Weld schickte Collins nach Iffezheim, ließ ihn für seine Mutter eine Stute aussuchen. Collins hat Auge bewiesen: Agnetha ist Listensiegerin, lief in Ascot Gruppe I-platziert und peilt im nächsten Jahr die 1.000 Guineas an. Danach geht es wie im Flug. Der Ire, Vater eines dreijährigen Sohnes, schlägt im internationalen Geschäft ein wie eine Bombe, macht sich auch durch Pinhooking einen Namen.
Aus dem einstigen Hindernisreiter von der Bremer Vahr ist ein internationaler Topagent geworden. Deauville, Keeneland, Newmarket oder Hong Kong sind die Stationen des Agenten. Und dort ist es kein Unbekannter mehr. Im Coolmore- und Godolphin-Lager ist Collins ein Begriff. Coolmore-Macher John Magnier soll ihn erst kürzlich in Deauville gelobt haben, eines der schönsten Pferde der Auktion gekauft zu haben. Von Null auf Hundert. Im Sturm hat Collins den Markt erobert, kauft in erster Linie für amerikanische Kunden, zum Teil auch für Skandinavier. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten soll Collins einen ganz dicken Fisch am Haken haben. Ein Fisch, dessen Teich er mit Vollblütern füllt. Sowohl in Keeneland als auch in Deauville war Collins in diesem Jahr schon sehr aktiv. Dann der Höchstpreis in Deutschland. Nach Baden-Baden bleiben ihm drei Tage, um in Irland kurz Luft zu holen. Aber nur kurz, denn dann geht es auch schon wieder für drei Wochen nach Amerika. Dort feiert er seinen 35jährigen Geburtstag und stößt auf die Cracks der Zukunft an. Gekauft von Paul Collins, dem einstigen Hindernisreiter.