Man wusste um die Klasse des von Dietrich von Boetticher in seinem bayerischen Gestüt Ammerland gezogenen Montjeu-Sohnes nur zu gut. Zweiter im Französischen Derby, Triumphator des irischen Pendants, Sieger des Prix Niel und nun am Sonntag auch der große Matchwinner in der 84. Auflage des Prix de l’ Arc de Triomphe, der wie das gesamte Arc-Meetimng von der Hotelgruppe Lucien Barriere gesponsert wurde.
Nach einem mitreißenden Finale war der von Andre Fabre trainierte und von Kieren Fallon gesteuerte Hurricane Run von weit hinten kommend auf der Linie noch mit zwei Längen zwei Längen vor Wildensteins Westerner voraus.
Platz drei ging nach einer ebenfalls bemerkenswerten Aufholjagd an den Vorjahressieger Bago und dahinter erkämpfte sich nach einer meisterlichen Leistung Georg Baron von Ullmanns Shirocco das vierte Geld vor Englands Derby-Sieger Motivator.
Platz sechs ging an die hoch gehandelte Aga Khan-Stute Shawanda, was Ernüchterung nach sich zog. Dreißig Jahre, nachdem der von Theo Grieper in Heumar trainierte Star Appeal den Prix de l’ Arc de Triomphe gewonnen hatte, gab es nun aus züchterischer Sicht einen triumphalen Erfolg für die deutsche Vollblutzucht zu verzeichnen.
Hurricane Run markierte einen Erfolg, den man ohne Wenn und Aber als großartig apostrophieren kann. Brenzlig wurde es für den Dreijährigen weit vor dem Pfosten, als er zu Beginn der Geraden weit hinten und ganz innen längst noch nicht in prominenter Lage zu finden war.
Doch was Kieren Fallon dann vorführte, verdient schon das Prädikat Weltklasse. Gleichwie er zunächst etwas hemdsärmelig gegen die in deutschen Farben angetretene Samando zu Werke ging und diese dabei mit Terry Hellier im Sattel ziemlich aus der Balance geworfen wurde. Dann doch hatte Hurricane Run Platz zur Entfaltung, wobei der Weg nach vorne noch sehr weit war.
Kieren Fallon setzte weit auf die Innenseite, musste dann aber seinen Lauf ein weiteres Mal unterbrechen, als er zwischen Motivator und Shawanda zum letzten und entscheidenden Angriff ansetzen wollte. Denn Motivator geriet etwas nach außen und versperrte somit mit einem Schlag dem Ammerländer den Weg. Sofort reagierte Kieren Fallon, er nahm Hurricane Run kurz auf und setzte nun innen von Motivator an. Viel Zeit zum Reagieren war auch in den Tat nicht mehr vorhanden, denn vorne hatte sich der Westerner längst einen komfortablen Vorteil verschafft.
Nur um diese beiden Pferde ging es auf den letzten einhundert fünfzig Metern noch. Doch im Stile eines ganz großen Pferdes trat Hurricane Run erneut an, explodierte förmlich, und am Ende musste ein unerhört tapfer laufender Westerner die Dominanz des Dreijährigen aus dem Fabre-Stall anerkennen.
Der Bahnfavorit – gekoppelt mit Scorpion zu einer sehr flachen Quote von 29:10 – hatte gewonnen, zudem ein in Frankreich trainiertes Pferd und mit einem äußerst populären irischen Jockey im Sattel. So kannte der Jubel der offiziell angegebenen 55.800 Besucher auf dem Longchamp-Hippodrom keine Grenzen. Einen sensationellen Hattrick hatte Kieren Fallon beendet, nachdem er zuvor mit Rumplestiltskin und Horatio Nelson den Prix Marcel Boussac und den Prix Jean-Luc Largardere gewonnen hatte. Die Siegbörse im Arc betrug 1.028.520 Euro.
„Es ist der größte Tag meiner Laufbahn“, erklärte Kieren Fallon bei der Pressekonferenz. Und das soll bei dem Mann, der allein sechs englische Championate in seinem Rekord führt, sicherlich etwas heißen. Doch in der Tat, am Tage des bedeutendsten rennsportlichen Ereignisses zumindest in Frankreich, wenn nicht in Europa, drei von sechs Gruppe-I-Rennen in Folge zu gewinnen, das sollte ein Hattrick für die Ewigkeit sein.
Bei der Betrachtung der Rennlaufbahn des 1965 in Crushee in Irland geborenen Stalljockeys von Aidan O’ Brien, kommt man nicht umhin, von einem Spätzünder zu sprechen. Erst 1997 gewann Fallon mit Sleepytime sein erstes Gruppe-I-Rennen. Damals noch in Diensten von Henry Cecil, wie überhaupt dieses Engagement am Warren Place Stable der Ausgangspunkt seiner Weltkarriere wurde. Einschließlich der drei Siege am Sonntag kommt der Ire nun schon auf über 50 Gruppe-I-Triumphe.
Da Andre Fabre, der seinen sechsten Sieger im Prix de l’ Arc de Triomphe sattelte und somit zum erfolgreichsten Arc-Trainer aller Zeiten aufstieg, mit der französischen Presse seit Jahren auf Kriegsfuß steht und auch nach diesem Triumph nicht bereit war, die Friedenspfeife mit den heimischen Journalisten zu rauchen, gab Kieren Fallon bei der Pressekonferenz über Hurricane Run das Statement ab.
„Er war lange ein Baby, zeigte auch hier in Longchamp vor drei Wochen im Prix Niel immer noch viel Unreife. Doch heute war er schon ein ganzer Kerl, ein großartiges Pferd, das in der Entwicklung genau auf dem richtigen Weg ist.“
Und auf die Taktik angesprochen meinte Fallon: „Monsieur Fabre gab mir die Order, auf Warten zu reiten. Hurricane Run kam zunächst gar nicht so richtig in Tritt, doch im Verlauf der Gegenseite galoppierte er mit einem Schlag wunderbar. In der Geraden gab es da vielleicht die eine oder andere etwas kritische Situation, aber insgesamt verlief doch alles reibungslos.“
Im Stile eines richtig guten Professionals und ohne jegliche Art von Starallüren wickelte Kieren Fallon die Pressekonferenz ab und schrieb auch anschließend geduldig Autogramme, als draußen vor dem Zelt eine große Fangemeinde auf ihn wartete.
Zu den ersten Gratulanten im Absattelring zählte natürlich Hurricane Runs Züchter Dietrich von Boetticher. Wieder einmal gelang dem Rechtsanwalt aus Bayern ein genialer züchterischer Wurf. Die Mutter des jüngsten Arc-Siegers, die 1991 geborene Hold On, kam auf der Bahn auf ein GA von 84,5 Kilo und brachte mit Hibiscus bereits einen Gruppe-Sieger (Fürstenberg-Rennen).
Im Preis von Europa hatte sich der Law Society-Sohn hauchdünn dem damaligen aktuellen Derby-Sieger Belenus geschlagen geben müssen. Im Jährlingsalter befindet sich der von Boreal stammende Helgoland, in diesem Jahr wurde die Surumu-Tochter nicht gedeckt.
Dietrich von Boetticher und Kieren Fallon waren schon einmal in einem „Arc“ ein erfolgreiches Team, als die gute Borgia 1997 lediglich Peintre Celebre und Pilsudski auf Platz drei über die Linie kam. Mit der Ammerländerin hatte Fallon zuvor den Großen Preis von Baden gewonnen, auf Borgia führte er dann seinen ersten Ritt im Prix de l’ Arc de Triomphe aus. Nun hat er auch diesen Gipfel erklommen.
Andre Fabre setzte sich mit seinem sechsten Arc-Sieger ein Denkmal. Der Jurist und Diplomatensohn, der im Übrigen auch ein perfektes deutsch spricht, steht seit 1987 unangefochten an der Spitzer der Trainerstatistik. Macht 18 Championate in Serie. Er gilt als Perfektionist von höchsten Graden. In seiner knapp bemessenen Freizeit ist das Polo-Spiel seine große Leidenschaft. Auch dort steht er ganz oben im Ranking. Im Winter verbringt er mehrere Wochen in Argentinien, wo er auch seine Polopferde kauft.
Von einem englischen Journalisten auf die Frage angesprochen, wie er Hurricane Run zus einen früheren Arc-Siegern vergleiche, meinte Fabre folgendes: „Pferde sind keine Autos. Jeder Vollblüter hat seine eigene Persönlichkeit, seine Stärken und Schwächen. Sie sind meine Freunde, das gibt es von mir aus kein Ranking.“
„Ich wusste schon, dass wir ein sehr gutes Pferd gekauft haben. Aber wie gut er ist, das konnten wir natürlich nicht wissen“, erklärte Michael Tabor, der im Sommer – gemeinsam mit Sue Magnier, die Anteile hält – in den Besitz von Hurricane Run gekommen war.
Für eine offiziell nie genannte Summe, doch dürfte die Offerte den entsprechenden Rahmen besessen haben, denn sonst hätte sich Dietrich von Boetticher sicher nicht von diesem Ausnahmepferd getrennt. „Montjeu hat in meinen Farben den Arc gewonnen. Nun bin ich im Besitz seines Sohnes, und der hat auch den Arc gewonnen.
Ist das nicht sensationell?“, so der 1941 in London geborene Michael Tabor, der sich eine Kette von weit über 100 „Betting Shops“ in England aufbaute und sie dann 1995 an den Buchmacher-Riesen Coral für eine hohe zweistellige Millionen- Dollar-Summe verkaufte.
Mit hohem finanziellen Einsatz stieg der seit 1995 in Monaco lebende Tabor als Investor von Jährlingsankäufen ein, fand vor allem in John Magnier einen bedeutenden Partner. Grape Tree Rpad markierte 1996 im Grand Prix de Paris den ersten Gruppe-I-Treffer für Michael Tabor. Dann ging es Schlag auf Schlag, Tabor avancierte zum großen Global-Player des Rennsports. Er lässt in England, Frankreich, den USA und vor allem bei Aidan O’ Brien in Irland trainieren.
Wieder einmal spielten wie in so vielen Entscheidungen im Arc die Wildenstein-Farben eine ganz prominente Rolle. Der Gold-Cup-Sieger Westerner bewies, dass er auch auf 2400 Meter mit den Allerbesten mithalten kann. Hinter den beiden Pacemakern hatte Olivier Peslier Westerner stets eine Position in vorderster Front eingenommen, als das Feld sich rund sechshundert Meter vor der Linie zum Finale aufreihte und die Pacemaker nach hinten verschwanden, hielt ihn Peslier aber noch in Reserve.
Motivator und Shawanda, die ebenfalls immer zur vorderen Gruppe angehörten, traten nun entscheidend auf den Plan. Doch bei der hoch gehandelten Aga-Khan-Stute wurde bald schon ersichtlich, dass sie ihre Siegesserie nicht fortsetzen würde.
Kurz vor dem Start hatte starker Regen eingesetzt, der Boden weichte mehr und mehr auf, womöglich blieb die Sinndar-Tochter aus diesem Grunde wohl unter Wert geschlagen. Motivator hatte noch an der zweihundert Meter Marke den Kopf vorne, als Westerner seinen entscheidenden Angriff startete.
Und dieser sah äußerst verheißungsvoll aus. Locker ließ er Motivator, mit dem man nun mit der Distanz doch wieder auf 2000 Meter zurückfahren will, stehen. Westerner machte sich kurz sogar frei und musste auch erst passen, als Hurricane Run seinen kapitalen Speed in die Waagschale warf.
„Die Entscheidung, Westerner im Arc und nicht im Cadran laufen zu lassen, hat sich als absolut richtig erwiesen“ kommentierte Alec Wildenstein und meinte, dass dieser zweite Rang mehr wert sei, als ein Erfolg im Cadran. Immerhin verdiente Westerner 411.489 Euro. Nun plant man einen Start in der Hong Kong Vase, bleibt mit ihm also auf 2400 Meter.
Bago endete außen stark, passierte eineinhalb Längen zurück als Dritter die Linie. „Wir hatten eine der äußeren Startboxen bezogen, mussten viel außen herum. Vielleicht hat dies Platz zwei gekostet“, meinte Thierry Gillet. Auf jeden Fall aber zog sich der vorjährige Arc-Sieger bestens aus der Affäre.
Alan Cooper, Racing-Manager der Familie Niarchos, sprach davon, dass Bago nun auf den Breeders Cup Turf ziele und vielleicht im Japan Cup seine Rennkarriere beenden werde. Es soll definitiv die letzte Saison von Bago sein.
Seinen souveränen Derby-Sieg von 2004 dürfte Georg Baron von Ullmanns Shirocco mit seinem vierten Platz in diesem Elitefeld noch getoppt haben. Nach einer fantastischen Energieleistung schob er sich an Motivator und Shawanda vorbei.
„Shirocco hatte einen einwandfreien Rennverlauf. Er zog glänzend an und ich bin mit seinem Abschneiden hochzufrieden“, kommentierte Andre Fabre, der mit englischen und deutschen Journalisten keine Probleme hat. Nach seinem diesjährigen Comeback im Prix Foy zeigte sich der vorjährige Derby-Sieger gewaltig verbessert und so darf man auf die weitere Laufbahn des Ullmann-Schützlinges ganz gewiss gespannt sein. 102.780 Euro verdiente der Monsun-Sohn bei seinem großartigen vierten Platz.
Pride, die zuletzt noch deutlich vor Shirocco war, folgte als Siebte vor dem Iffezheimer Triumphator Warrsan. Dass er auch nach dem „Arc“ unverändert an der Spitze der World-Series steht, scheint mittlerweile keinen mehr wirklich zu interessieren. Die Öffentlichkeitsarbeit der Verantwortlichen der „Series“ ist mittlerweile auch auf den Nullpunkt gesunken.
Der englische Leger-Sieger Scorpion besaß auf kaum noch passendem Untergrund keine besseren Chancen. Wie auch Godolphins Cherry Mix früh die Segel strich. Die Zeit von 2:27,4 Minuten war angesichts der kaum noch schnellen Bahn gar nicht so verkehrt.











